Entwurf eines erweiterten Schulpastoralkonzeptes

(Beschluss der Gesamtkonferenz vom 28. Juni 2016)

 

„ER STELLTE EIN KIND IN IHRE MITTE“  (Mk 6,36) 

 

Unterschiedlichkeit im Erzbistum verlangt Vielfalt

Kinder und Jugendliche bewegen sich in unserem Erzbistum in sehr unterschiedlichen Welten und treffen auf eine Vielfalt kirchlichen Lebens.

Zu unterschiedlich sind die Herausforderungen, um ein allgemeines, jugend- und schulpastorales Konzept für das gesamte Erzbistum vorzulegen. Die Kinder- und Jugendpastoral muss von daher die jeweiligen regionalen Besonderheiten berücksichtigen als auch unmittelbar von den (Kindern und ) Jugendlichen und ihren Lebensthemen mitbestimmt werden.

Ausgangspunkt der Pastoral: Gottes Selbstoffenbarung als unbedingte Liebe

Grundlage und Motivationsquelle dieser Jugendpastoral in Vielfalt ist der Glaube an Gott, der den Menschen als freies und mündiges Gegenüber erschuf und der für dessen Freiheit alles tut – sogar sein Leben opfert und zugleich die Sinnhaftigkeit eines solchen „Lebens für andere“ unüberbietbar bestätigt. Mit Blick auf diesen Glauben werden in fünf Leitzielen Perspektiven formuliert, die zum konkreten Handeln anregen:

 

Fünf Leitziele

  1. Wir fördern Kinder und Jugendliche, Glauben zu lernen und ihr Leben aus dem Glauben zu deuten.

  2. Wir ermutigen Kinder und Jugendliche zu Selbstbestimmung, Selbstorganisation und Verantwortung.

  3. Wir fördern die altersgerechte Partizipation von Kindern und Jugendlichen.

  4. Wir ermöglichen Gemeinschaft.

  5. Wir geben Anregungen, damit Glaube konkret wird in Gemeinschaft, Verkündigung, Liturgie und Diakonie.

 

Standards, Voraussetzungen und Rahmenbedingungen

Hieraus ergeben sich verbindliche Standards, die als Möglichkeitsbedingungen das Erreichen von Zielen zwar nicht garantieren, aber für sie unverzichtbar sind:
 

a. Es gibt einen fest zugeschriebenen Stellenanteil für die Kinder-, Jugend- und Schulpastoral.

b. Der Jugendseelsorger/die Jugendseelsorgerin ist verantwortlich für die Kinder- und Jugendpastoral und koordiniert die kinder- und jugendspezifischen Anliegen, Angebote und Aufgaben der Orte (kirchlichen Lebens) innerhalb der Pfarrei.

Er / Sie verknüpft dabei die Erfordernisse des pastoralen Raumes mit der pastoralen Arbeit an den Schulen.

Er/Sie ist als professionelle Unterstützung für das Ehrenamt zuständig und vertritt die Anliegen der Kinder und Jugendlichen nach innen und außen.

c 1. Jugendliche haben Mitspracherecht und sind daher in den Gremien vertreten.

c 2. Schulkinder wirken in den entsprechenden schuleigenen Gremien mit

c 3. Die Anliegen der Kinder werden durch den Schulseelsorger und die Mitglieder des Arbeitskreises Schule- Gemeinde regelmäßig in die Gremien des pastoralen Raumes eingebracht.

d. Es gibt einen Jugendkonvent,  der aus der Pfarrjugendleitung, den Vertretern*innen der Jugendverbände, dem Jugendseelsorger/ der Jugendseelsorgerin und weiteren Mitarbeitenden von Caritas, Schule etc. besteht. Sie planen gemeinsam die jugendpastorale Arbeit.

e. Angebote und Maßnahmen sind an die jeweilige Lebensrealität der Kinder und Jugendlichen angepasst und werden von ihnen mitentwickelt.

f. Es gibt sowohl auf Pfarrei- , Schul- und Diözesanebene ein Beschwerdemanagement.

g. Das Konzept wird in regelmäßigen Abständen überprüft. (Selbstevaluation)

1.  Wir fördern Kinder und Jugendliche, Glauben zu lernen und ihr Leben aus dem Glauben zu deuten.

Glaube ist mehr als Glaubenswissen: Glaube als Vollzug ist das Wagnis der entschlossenen Öffnung gegenüber Neuem und noch Unbekanntem. Glauben- Lernen ist das stete Einüben einer offenen und liebenden Haltung.

Der Grund für eine solche Haltung ist das Wissen um Gottes Selbstoffenbarung als unbedingte Liebe. Seine bedingungslose Offenheit für die Menschen hat sich in Jesu Leben, Tod und Auferweckung ereignet.

Christlicher Glaube vermittelt sich daher auch in der Kinder- und Jugendpastoral vorrangig als tätiges Geschehen und weiß sich zugleich sprachfähig und argumentativ zu begründen. Christlicher Glaube ist weit mehr als ein Für-Wahr-Halten, sondern wird als mündiges Antwort leben und Antwort geben erfahrbar.

Christlicher Glaube ermutigt zu einer eigenständigen, konstruktiv- kritischen Lebensreflexion, die den Alltag neu zu deuten versteht. Kinder und Jugendliche werden darin begleitet, zunehmend zu Deuterinnen und Deutern des Lebens zu werden. Sie unterstützen sich gegenseitig in der Suche nach Antworten, um sich einander Hoffnung und Sinn zu schenken.

Konkrete Umsetzungsmöglichkeiten dieses Leitziels

Erlebbar ist der Glaube an der St. Paulus-Schule bei allen religiösen Feierlichkeiten und im sozialen Miteinander.

Als religiöse Feierlichkeiten sehen wir

- Gottesdienste im Gemeindeverbund,

- Gemeinschaftsschulgottesdienste (Segnung zur Einschulung, Beginn und Abschluss des Schuljahres, Jahresabschluss, Verabschiedung der 6. Klassen u.v.m.),

- Klassengottesdienste,

- gemeinsames Beten am Morgen und beim Mittagessen (Klassenstufe 1 und 2) und Rosenkranz- und Kreuzwegandachten.

Das soziale Miteinander wird u.a. eingeübt in

Über den Glauben sprechen wir nicht nur im Religionsunterricht,  sondern auch in vielen alltäglichen Situationen  und beim Eingehen auf aktuelle Ereignisse in der Schule  und dem übrigen Lebensumfeld der Kinder.

2. Wir ermutigen Kinder und Jugendliche zu Selbstbestimmung, Selbstorganisation und Verantwortung.

- Regelmäßige Teilnahme an Gebeten und verschiedenen Gottesdienstformen befähigt die Schüler/-innen zu einem mündigen und selbstbestimmten religiösen Leben.

- Durch Wahl der Expertenkurse, Arbeitsgemeinschaften und Projektkursen werden Schüler/-innen zur Selbstbestimmung angeleitet.

- Schüler/-innen im Klassensprecherrat und in der Schulkonferenz beschließen u.a. über Pausenregelungen und Projektthemen.

- In der Freiarbeit und mit dem Wochenplan lernen die Schüler/-innen ihre Arbeiten und Zeit selbst zu organisieren.

- Klassensprecher/-innen, Schulsprecher/-innen und die Mediatoren/-innen übernehmen Verantwortung für Mitschüler/-innen und die Schulgemeinschaft.

- In der Mitwirkung am Adventsbasar lernen die Schüler verantwortliches Handeln über die Grenze von Schule und Gemeinde hinaus.

3. Wir fördern die altersgerechte Partizipation von Kindern

Jesus hat die Menschen zur Selbsttätigkeit herausgefordert – er hat sie nicht für seine Zwecke als Handlanger eingebunden. Er stellt sie wieder auf eigene Beine: „ Nimm Deine Bahre und geh!“ (Joh 5,8). Gerade das ist das Befreiende und Erlösende an seiner gelebten Botschaft: Dem Menschen wird seine Verantwortung und Entscheidungsfähigkeit zugesprochen. Partizipation ist mehr als bloßes Mitmachen: Es bedeutet, bereits mitentscheiden zu können. Wer auf Partizipation setzt, weiß um das kreative, prophetische und verändernde Potential von Menschen und sorgt sich um die notwendigen Voraussetzungen wie Information, Transparenz, Kommunikation und Mitbestimmung

Konkrete Umsetzungsmöglichkeiten dieses Leitziels in der Schule

1. Kinder werden dazu befähigt, verantwortungsvoll in Gremien als ernst zu nehmende Partner/Partnerinnen mitzuwirken. Dies geschieht vor allem in der Aufgabe des Klassensprechers/der Klassensprecherin und im erweiterten Sinne als Schulsprecher / Schulsprecherin. Sie achten vorrangig darauf, dass die Interessen der Kinder im Klassenverband berücksichtigt werden und ihre Anerkennung und Umsetzung schließlich auch auf höherer Ebene finden.

2. Kinder bringen im Klassenrat ihre Sorgen und Nöte ein, stärken das soziale Miteinander und diskutieren ihre Wünsche bezüglich Klassenausflügen, Anschaffungen für die Klasse, den Spielplatz auf dem Hof und vieles mehr. Sie haben außerdem die Möglichkeit, einem Klassenbriefkasten bzw. einem Briefkasten in der Eingangshalle ihre Sorgen und Nöte anonym anzuvertrauen. Auch hier entscheiden die Kinder eigenständig, welchen Weg des Vertrauens sie wählen und wie sie die Mitteilungen auswerten.

3. Im Klassensprecherrat und in der Schulkonferenz besprechen die Kinder ihre Anliegen und stimmen im Klassensprecherrat mehrheitlich und in der Schulkonferenz anteilig darüber ab.

4. Kinder werden zu Mediatoren ausgebildet und entscheiden selbstständig, wie ein harmonisches Miteinander in ihrer Schule funktionieren soll. Sie besprechen und entscheiden mehrheitlich, welche Maßnahmen nötig sind, um die Mitschüler/Mitschülerinnen auf den Weg zu einer gewaltfreien Konfliktlösung zu bringen.

5. Die Schule versucht, die Kinder bei der Planung von Angeboten einzubinden. Dies geschieht neben einzelnen partizipatorisch geplanten Sequenzen im Unterricht (vgl. auch Expertenkurse) auch im Freizeitbereich (freies Spiel im Hort, Wunschzettel Mittagessen).

6. Wir möchten Kindern und gerade jenen, die sich im Übergang zur Adoleszens befinden, eine Beteiligung an Gestaltungsprozessen in Kirche und Gesellschaft ermöglichen. Daher fördern wir die außerschulische Mitarbeit in verschiedensten Formen: Kooperation mit Verbänden (z.B. Deutsche Pfadfinderschaft Sankt Georg/DPSG, Malteser Hilfsdienst/MHD, Deutsche Jugendkraft/DJK,…)

4. Wir ermöglichen Gemeinschaft

Christen erleben in der Gemeinschaft Gottes Gegenwart. Entsprechend öffnet sich die Kinder- und Jugendpastoral aktiv auf die Menschen hin: neugierig, offen, interessiert und lernend. Das drückt sich in offenen Angeboten, unterschiedlichsten Vergemeinschaftungsformen oder interkulturellen Lernfeldern aus.

Die Kinder- und Jugendpastoral lässt sich an ihrer Sensibilität und Flexibilität hinsichtlich Alter, Herkunft, Ethnie, Geschlecht, körperliche, geistige und seelische Beschaffenheit, politische Überzeugungen und Milieu messen. Die Qualifizierung und Begleitung ehrenamtlicher Jugendlicher ist dabei zwingend notwendig.

Ebenso notwendig ist vertrauensvolle Zusammenarbeit zur gegenseitigen Beratung und Unterstützung, in der verbindliche Absprachen und Vereinbarungen getroffen werden.

1. Schule ermöglicht Kindern Gemeinschaft und Anerkennung. Im Alltag der Schulzeit zwischen 8:00 Uhr und 13:30 Uhr (mit den zusätzlichen Zeiten der außerunterrichtlichen Betreuung) erleben die Grundschulkinder die Gemeinschaft nach dem didaktischen Prinzip des Fördern und Forderns im Kontext mit Respekt vor den Schulkameraden und der persönlichen Verantwortung für sich selbst.

Dem schulischen Bildungsgedanken folgend wird darauf geachtet, dass das Kind sich mit seiner im Glauben fundierten Persönlichkeit und seinem Lernwillen zentral erleben kann. Als Teil einer Gemeinschaft wird das Kind gezielt angeregt Verantwortung für sich und für die Gemeinschaft zu übernehmen. Dabei will Schulpastoral personales Angebot menschlich helfender Begleitung und Beratung sein, will Lebens- und Glaubenshilfe sein.

Unsere Schüler nehmen den Unterricht der Grundschule und die außerunterrichtliche Betreuung als Teil des kirchlichen Lebens wahr. Sie können sich in ihren persönlichen Wünschen nach Freizeitgestaltung und der Erfüllung von Pflichten akzeptiert und unterstützt fühlen.

Durch den Besuch von Theaterveranstaltungen o.ä. erhalten sie eine kulturelle Chance, die in weniger begüterten Familien nicht gewährleistet ist. Genauso nützlich ist in dieser individuellen und sozialen Sinngebung die obligatorische Teilnahme aller Schüler an den Klassenfahrten. In dieser pädagogischen Intention ist auch der mit der St. Paulus-Gemeinde durchgeführte Adventsbasar am Samstag vor dem ersten Advent zu sehen. Durch sportliche Aktivitäten und bei Wettkämpfen können die Kinder Leistungserfolge durch gemeinschaftliche Anstrengungen erleben.

2. Auch im Schulbetrieb braucht das Kind Freiräume der individuellen Selbsterfahrung; sie dient der Selbstbestätigung und Selbstwahrnehmung. Zum Ausgleich der unweigerlich auftretenden Momente des Scheiterns braucht das Kind Möglichkeiten der Akzeptanz; dann müssen ihm Trost gespendet und Perspektiven aufgezeigt werden. Dabei helfen auch gemeinschaftliche Situationen des erfolgreichen Arbeitens mit Schulkameraden, die Ruhe der Entspannung und die befreiende Entlastung des Spielens mit anderen. Der sozial weitende Blick auf Schulkameraden und deren Schwierigkeiten kann die Belastung eigener Problematik relativieren.

3. Als offene Angebote zur individuellen Auswahl innerhalb der Schule bieten wir u.a. an:

  1. Freiarbeit in der Unterrichtssituation

  2. Die Expertenkurse in Klasse 6

  3. Eine Vielzahl thematisch sehr unterschiedlicher Arbeitsgemeinschaften

  4. Das Aussuchen innerschulischer Gesprächspartner (u. a. Vertrauenslehrer und Schulsozialpädagoge)

4. In der Schule pflegen wir die Verbindung zu Jugendverbänden und Sportverbänden. Die DPSG bietet Freizeitgestaltung auf dem Schulgelände und an Wochenenden an. Mit dem MHD kann man im Sinn der Ersten Hilfe das „ritterliche Helfen“ üben. Der Sport Club Charlottenburg und die Katholische Junge Gemeinde unterstützen uns in sportlichen Angeboten.

5. Bestehende Kooperationen zu den evangelischen Nachbargemeinden werden ausgebaut. Belegt wird dies unter anderem durch den schon traditionellen, ökumenischen St. Martins-Umzug.

6. Die Vielfalt unterschiedlicher Familienhintergründe führen wir in der Erziehungs- und  Unterrichtssituation des Schulalltags in eine Einheit zusammen. Beim Schulfest oder anderen Feierlichkeiten freuen wir uns über kulinarischen Reichtum, wenn die Eltern spezielle Speisen aus anderen Ländern präsentieren. In den Gottesdiensten unserer Schule hören wir bekannte Gebete in unterschiedlichen Sprachen (Vaterunser / Gegrüßet seist du, Maria). Das christliche Menschenbild befähigt uns immer wieder neu, kulturell bedingte Unterschiede tolerierend anzunehmen und ein Miteinander zu schaffen.

 

Für diesen Konzept-Entwurf wurde ein Arbeitspapier des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend gesichtet, erweitert und an das kirchliche und gesellschaftliche Wirkungsfeld der Katholischen Schule Sankt Paulus angepasst.